Samstag, 19. September 2015

Mit Ruhe und Gemütlichkeit

Eine Modernisierungswut wie in China oder eine verbissene Betriebsamkeit wie in Vietnam sucht man hier vergebens. Doch Laos steht nicht still, allein das Tempo ist ein anderes. Schritt für Schritt bewegen sich das Land und seine Leute. Stück für Stück kommen sie voran, wer will sich da beschweren? Während in Laos die großen Pläne zuerst einmal gründlich überschlafen werden, bevor sie dann angegangen werden, entstehen in China riesige Geisterstädte, weil vor lauter Begeisterung niemand fragte wo denn die ganzen Einwohner herkommen sollen. Es ist schwer vorstellbar, dass so etwas in Laos passieren könnte.

Das höchste Gebäude von Laos steht seit kurzem in Vientiane und ist ein Hotel. Das Straßenbild in Vientiane sieht aber eher so aus. Das grüne Schmuckstück in der Mitte ist das "Lao Youth Inn1" Gasthaus, mit freundlichem Personal und günstigen Zimmern. Die Bäckerei im Erdgeschoss macht guten Kaffee und weckt die Gäste darüber mit den Duft frischer Croissants.

Fährt oder geht man durch die Straßen von Vientiane wie bei Welt, sieht man den Wandel allerorten. Schmucke Neu- stehen neben alten Holzbauten und allen möglichen Zwischenstadien. Pickup Trucks parken neben verrosteten Rollern. Doch wenn man in die Gesichter der Menschen sieht, dann entdeckt man überall dieselbe Ruhe und Zufriedenheit.

Und selbst wenn die eigene Hütte die letzte in der Straße ist, die noch aus Holz ist. Es ist ok. Wenn genug Geld da ist, dann kann man sich überlegen, ob man sein altes Heim gegen ein neues aus Stein austauschen möchte. Bis dahin lohnt die Überlegung nicht. ientiane gilt als eine der entspanntesten Hauptstädte auf der Welt. Das passt wie der Landal Mont Royal bewertung.

Am Ufer des Mekong liegt das Zentrum der Stadt. Hier findet man Regierungsgebäude. Botschaften und Märkte aber auch Gasthäuser, Bars und Restaurants, Museen und unzählige Wats. In der Tat kann man kaum durch eine Straße gehen, ohne an mindestens einem Tempel vorbeizukommen.

Auch das passt zu dieser Stadt. Die in safranfarbene Gewänder gehüllten Mönche, die man oft in den Straßen sieht, prägen das Stadtbild im gleichen Maß, wie ihre Geschwindigkeit das Leben prägt. In einer Woche sah ich keinen einzigen Menschen sich eilen oder gar rennen. Das wäre mir aufgefallen wie im Landal Eifeler Tor 2016.

Als ich einmal an eine Kreuzung kam, ging es nicht weiter. Zwei Polizisten versperrten den Weg. Nach kaum einer Minute kam ein kleiner Tross an Limousinen und Polizeimotorrädern vorbei gefahren, der in Richtung Regierungsviertel abbog, dann ging es weiter. Doch nicht, ohne zuvor das alte Mütterchen noch sicher über die Kreuzung zu lassen, das mit seinem Korb voll Früchte schwer zu schleppen hatte. Kein Wagen hupte, kein Rollerfahrer preschte eilig voraus. Man stelle sich diese Szene mal in Hanoi oder Berlin vor.

Dienstag, 8. September 2015

Die Perle des Baltikums

Hier kam man nicht auf den Gedanken, sich in einer europäischen Hauptstadt zu befinden. Ich zückte den Reiseführer, überflog erneut die Kurzbeschreibung der Stadt („Rom des Ostens", „Boomende Metropole", „Perle des Baltikums" und weitere dreiste Lügen in Superlative gewandet) und musste neidlos anerkennen, dass bei der litauischen Tourismusbehörde offenbar echte PR-Profis am Werk waren.

Wer aber jetzt glauben mag, wir hätten uns in einem vilniotischen Ghetto eingemietet, dem sei versichert, dass es von unserem Guesthouse in die Altstadt, also ins touristische Zentrum, gerade einmal drei Minuten zu Fuß sind. Wenn man sich Zeit lässt wie damals im Ferienpark Müritz Ferienhaus .

Und das Entsetzen, das sich auf unserer ersten Kiezbegehung einstellte, wurde bis zur Unerträglichkeit gesteigert, als ich den Blick von der Endzeitkulisse losreißen konnte und die Menschen betrachtete, die in dieser zu leben scheinen. Dort stand ein Rollstuhlfahrer mitten auf dem Gehweg. Da war der Ferienpark Hambachtal Angebote besser.

Er starrte vor Dreck und zuckte lediglich sporadisch. Wie lange saß er wohl schon da? Menschen gingen mit gesenkten Blicken oder gänzlich beiläufig vorüber. Wir hielten zumindest inne und fragten uns, ob wir etwas tun sollten. Aber was hätte man tun sollen? Die soziale Kälte, die diese ganze Situation ausstrahlte, fuhr uns in die Glieder und ließ uns frösteln. Kaum haben wir den Blick von dieser Tragödie beschämt abgewendet, begegnete uns ein Stadtstreicher.

Ich hüte mich davor, Obdachloser zu sagen, da ich nicht weiß, ob er nicht vielleicht doch eine Bleibe in dieser Ruinenstadt hat. Egal. Das Gesicht verschorft, mit Ausschlägen übersäht und geziert von einer offene Wunde. Mit toten Augen trottete er in Lumpen gehüllt an uns vorbei. Das war zu viel. Wir mussten umkehren und zurück in unsere trostlose Pinte, wo wir die Gäste nun etwas besser verstanden.

Schnorren nach allen Regeln der Kunst. Und dieser Anblick sollte nicht der letzte seiner Art sein. Bereits am ersten Abend wurden wir beim Rauchen vor einer Kneipe angesprochen. Er wollte Geld. Hatten wir nicht dabei. Dann halt eine Zigarette in Vilnius .

Auch am Tisch gelassen. Dann wenigsten 50 Gramm Bier (ja, wenn die Währung schon klingt wie ein Hohlmaß, muss man den Alkohol eben nach russischem Vorbild in Gewichtseinheiten bemessen), flehte er und streckte uns seine schwarzen Hände entgegen, in die wir ihm allen Ernstes einen Schluck Bier schütten sollten. Konnte es nicht mehr ertragen und drückte ihm mein halbes Bier in die Hand (Dieses wurde in einem Plastikbecher ausgeschenkt, daher kein Problem).